Unsere Kirche
1522 – 2022 – 500 Jahre Kirchgemeinde in Scheibenberg
Ev.-Luth. Kirche St. Johannis
Sofort bei der Ortsgründung 1522 wurde eine erste Fachwerkkirche gebaut, die aber sehr bald zu klein für die rasch wachsende Bergbausiedlung wurde, die 1530 zur Stadt erhoben wurde.
Dennoch haben sich bis heute zwei sichtbare Glaubenszeugnisse und Kunstwerke aus dieser Zeit erhalten: Das überlebensgroße, ergreifende Kreuz, das aus der Werkstatt von Meister H.W. (Hans Witten) stammen müsste und die Silberglocke, die zu den ältesten Bergglocken Sachsen gehört (s.u.).
1559 konnte dann der Grundstein zum heutigen Gotteshaus gelegt werden. So entstand bis 1571 eine der ältesten evangelischen Stadtkirchenneubauten Sachsens. Anfangs handelte es sich um einen flachgedeckten Saalbau, der von einem Dachreiter bekrönt wurde. Im Laufe der Jahrhunderte erhielt St. Johannis ihr heutiges Gesicht.
Die Kirche beherbergt einen der stimmungsvollsten und festlichsten Innenräume des oberen Erzgebirges, der vorwiegend von spätgotischen und barocken Elementen geprägt ist. Zahlreiche Betstuben und die umlaufende obere Empore gehören zu den eindrucksvollsten Eigenheiten. Nicht zu übersehen ist, dass das Erzgebirge ein Land der Schnitzer ist, über 100 Meter hölzerne Blumenranken sind zu entdecken. So wie wir heute den Innenraum sehen, empfing er -mit geringen Abweichungen- schon 1756 die Gemeinde zu Gottesdiensten, Hochzeiten oder Taufen. Diese Jahreszahl ist an der Decke zu finden. In der Mitte strahlt dann die Sonne, die mit dem Gottesnamen -JAHWE- in hebräischen Buchstaben beschriftet ist.
Den Mittelpunkt der Kirche bildet der wohl älteste Hauptaltar der Region von ca. 1490. Er zeigt auf der Festtagsseite drei beeindruckende Szenen aus der Passion Jesu und möchte uns einladen, dieses Geschehen zu unserem Heil anzunehmen. Schnitzer ist nach heutigem Forschungsstand der so genannte “Meister des Meißner Frauenkirchenaltars”. Die Tafelbilder und die Farbfassung schuf wohl ein “Meister A.E.”, der in die Generation der Lehrer Dürers gehören soll. Ein lebensgroßes, ausdrucksstarkes Kruzifix, seit der Stadtgründung 1522 in der Kirche, schuf wahrscheinlich der ideenreichste Meister der Spätgotik in Sachsen, Hans Witten. Auf ihn geht auch die “Schöne Tür” in Annaberg, der Ehrenfriedersdorfer und Bornaer Altar und die weltberühmte Tulpenkanzel im Freiberger Dom zurück.
Die barocke Kanzel fertigte 1709 Meister Johann Kaufmann aus Scheibenberg und die Orgel 1885 Richard Kreutzbach aus Borna.
Auf dem Turm finden sich 4 Glocken. Die kleinste und älteste wird als Silberglöckchen bezeichnet, stammt von ca. 1460, kam 1522 nach Scheibenberg und ist die älteste erhaltene Bergglocke Sachsens. Die drei neuen Bronzeglocken konnten 2010 gegossen werden und ersetzen das ehemalige Eisengeläut der Nachkriegszeit.
Der große Schwebengel stammt wohl aus der Gottesackerkapelle der Familie Hempel. Er entstand um 1700-1740 vermutlich in der Werkstatt von Johann Adam Georgie in Freiberg. Nach der Restaurierung 2003 fand er in der Kirche seinen heutigen Platz und erinnert daran, dass Gott uns alle am Ende der Zeit in seinem Reich sammeln möchte.
Ein farbiges Epitaph erinnert an den berühmten Pfarrer und wichtigsten Altchronisten des Erzgebirges, Christian Lehmann (1611 – 1688), und seine Frau Euphrosyna.
Pfarrer Christian Lehmann (1611-1688) gilt als der bedeutendste Altchronist des Erzgebirges. Seine Überlieferungen sind oft die einzige Quelle zu vergangenen Ereignissen dieser Region und bieten ein überaus buntes Alltagsbild des Lebens im 16. und 17. Jahrhundert. Mitten im 30- jährigen Krieg erlebte er als Pfarrer furchtbare Drangsale, Pest-, Hunger- und Seuchenzeiten. Mit seiner Gemeinde floh er in die nahen Erzgebirgswälder oder stellte sich unter Lebensgefahr den wütenden Söldnern entgegen. Seine unzähligen Aufzeichnungen öffnen uns ein Fenster in diese Zeit. Ebenso ausführlich beschreibt er die Landschaft des Erzgebirges, Glaube und Aberglaube, Wälder, Flüsse, Berge und Tiere, Himmelserscheinungen, Krankheiten und Heilmittel, Tragödien und Kuriositäten. Diese Ereignisse sind im „Historischen Schauplatz“ nachzulesen, in der „Stadtchronik“, sowie im neusten Buch „Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann, Leben und Werk“. Seine „Kriegschronik“ reiht in die bedeutendsten deutschen Chronisten des 30-jährigen Krieges ein. Er verdient unsere Beachtung aber nicht nur als Forscher und Schriftsteller sondern auch als mutiger evangelisch-lutherischer Christ und Seelsorger, der im Glauben die Kraft fand, in schwerster Zeit den Weg zu gehen, den Gott ihn führte und anderen, unter Einsatz des eigenen Lebens, beizustehen.
In unserer St. Johanniskirche wirkte Christian Lehmann über 50 Jahre als Pfarrer. Er verstarb am 11. Dezember 1688. Sein Epitaph zeigt ihn und seine Ehefrau vereint unter dem Kreuz Jesu.
Ein Hinweis : Wenn Sie unsere Kirche außerhalb der Gottesdienstzeiten besuchen wollen, wenden Sie sich bitte an das Pfarramt, um einen Termin zu vereinbaren. Tel: 037349/ 8308