Der Erzgebirgschronist Pfarrer Christian Lehmann (1611-1688)
Pfarrer Christian Lehmann 1611 – 1688
Der bedeutendste Altchronist des Erzgebirges verbrachte gut 50 Jahres seines Lebens in Scheibenberg. Hier stand er der Gemeinde vor, hier erlebte er die Schrecken des 30-jährigen Krieges, hier entstanden seine Werke.
Die Scheibenberger Kirche ist seine Hauptwirkungsstätte gewesen. Außen können Sie die neue Gedenktafel (geschaffen 2011) sehen. Im Inneren hat sich der bedeutende Portraitgrabstein für Christian und Euphrosyna Lehmann erhalten sowie viele Dinge aus seiner Zeit: Altar, Taufstein, Großkreuz, Groschupf-Epitaph, Bergkreuz und ganz oben auf dem Turm die „Scheibenberger Silberglocke“ von 1522.
Christian Lehmann ist der „Entdecker des Erzgebirges“ denn er versucht erstmals das Gebirge möglichst vollständig zu erforschen und zu beschreiben. Ihn interessiert eigentlich alles. D.h. z.B. Berge und Flüsse, Wälder und Landwirtschaft, Handwerk und Bergbau, Krankheiten und Heilmittel, Tiere und Pflanzen, Städte und Dörfer, Kirchen und Burgen, Bräuche und Sitten, Glaube und Unglaube, Mode und Sprache, Kriege und Konflikte, Glück und Unglück, Wetter und Unwetter…..
Weiter ist Lehmann einer der interessantesten Chronisten des 30-jährigen Krieges, da er aus eigenem Erleben berichtet und gleichzeitig die großen Zusammenhänge darstellt.
Sein Lebensmotto:
Ich liebe Gott, Gebirg, Diät und Bücherfleiss!
Aus Anlass seines 400. Geburtstages erschien ein neues Buch, das eine Biographie enthält und vor allem Auszüge aus bisher unveröffentlichten Werken.:
Stephan Schmidt-Brücken, Karsten Richter: Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann, Leben und Werk, Scheibenberg 2011, 269 Seiten und 12 Farbseiten, 18 €, ISBN 978-3-931770-96-9
Das Buch kann im Pfarramt (037349/8308) zu den Öffnungszeiten bestellt oder bei einem Kirchenbesuch erworben werden.
Hier noch einige kurze Zitate oder Auszüge aus seinen Werken.
Christian Lehmann 1611-1688
Aus dem „Historischen Schauplatz“
Wahre Gelehrsamkeit
Es ist so mancher Sinn als Kopf bei den Gelehrten,
Wann sie durch Bücher-Gunst unsterblich wollen werden;
Ein jeder wählet sich, nach seinem Zweck und Rat,
Wozu sein muntrer Geist Lust und Beliebung hat.
Wer seines Vaterlands Geschichte kann beschreiben,
Der weiß, nächst Gott, die Zeit erbaulich zu vertreiben,
Denn damit dient er wohl, die Nachwelt macht er klug,
und schreibt sich selbst mit ein in das Gedächtnisbuch.
nächst Gott = zuerst soll der Mensch nach Gott fragen, dann andere nützliche Dinge tun
Im Reiten durchs Gebirg hinauf,
hatt ich gar einen sauren Lauf.
Durch dicken Wald, Berg-an, Tal-ein,
im Sumpf, Morast, üb’r Stock und Stein.
Ich wünscht mir oft, dass ich behend,
wie Vögel drüber fliegen könnt.
Der Prediger
Ein Löwe, Lamm und ein Prophet
muss sein, der auf der Kanzel steht.
Bilanz
Ich bin gewest ein Prediger in dieser gebirgischen
und zumal martialischen Wüsteney. (H.S. S.5)
Gottes Fürsorge in der Not– Brief 28 –
Ich selber habe das Hungerleiden in meiner Jugend, da alles vom Krieg und Pest verheeret und verzehret war, auch versucht, und habe dennoch Gottes heilige Fürsorge vielmal erfahren.
„Ao 1623. musste ich in Halle aus Mangel eines Hospotiii zwey Jahr lang in die Currend gehen und das Panem propter Deum singen, sonderlich bei damaligenen Pest und KriegsTrangsahlen viel dulden. Ich habe 3000 Pestleichen mit hinaussingen und Pest-halber aus 3 Herbergen weichen müssen. Einst herbergte ich unbewusst bei einen Wirt vor dem SteinThor, 4 Wochen lang, welcher auf dem Gottesackerr die großenn Leichengruben machen halff, welches ich endlich gewahr worden, und davon gezogen, doch ohne meinen Schaden.
Zu Guben musste ich Ao 1627. in Ermanglung freier Kost und Almosen meinen Hunger oft mit Feldrüben und gebratnen Eicheln stillen. Da mich Krieg, Pest und Hunger ferner nach Stettin trieb, musste ich 6 Wochen lang auf eine Hospitium warten, und oft mit einem TrunkWasser aus dem Zieheborn hungrig nieder legen, biß mir Gott einen Landsmann aus dem Gesinde des Moskowitischen Legaten bescherte, der mich aus seiner Küchen versorgete, bis mir Gott wunderlich zu Dienst geholfen, und nun etliche 70 Jahr lang unter Pest, Krieg Teuerungrung samt den Meinigen erhalten.
Motivation Brief 1
Ich muss von mir selbst gestehen, dass mich – nach meinen Amtsverrichtungen- die meiste Liebe und Lust angetrieben, allerhand Beispiele der wunderbaren Güte, Regierung und Fürsorge Gottes und dergleichen Merkwürdigkeiten in meinem Vaterland, darinnen ich 55 ganze Jahr ein Kirchendiener gewesen, in Friedens- und Kriegszeiten, wiewohl nicht ohne große Mühe, aufzuzeichnen. (zusammengefügt aus 2 Sätzen Brief 1)
Kinderrettung
Der himmlische Vater hat seine sonderliche Lust, einige Kinder mit Mose, Josia und unser holdseliges Jesus Kindlein aus der Todesgefahr zu reißen. Brief 2
Brief 4 (Im Bezug auf die Exulanten seiner Zeit)
O wie schwer gehets ein, für das Evangelium alles zu verlassen, hingegen Christi Schmach und Armut tragen!
Wie bald verändern sich Zeiten und Leute!
Dankbarkeit– Brief 5
Ich danke dem grundgütigen Gott, dass er auch meine armen Kinder, die ich meistens unter den „Teutschen Kriegstroubeln“ mit unzähliger Sorge, Mühe und Gefahr erziehen müssen, in seine Vatersorge eingeschlossen und – wieder all mein Verhoffen- befördert hat.
Vermächtnisse – Brief 11
Dass er sich entschlossen die gottseligen Armen mit gewissen Kapitalien zu bedenken und von den Zinsen jährlich eine Spende auszuteilen, ist ein christlich – und bei diesen elenden und lieblosen Zeiten- seltenes und preiswürdiges Werk.
Gewinn der Armut – Brief 10
Wie viel besser wäre manche Seele geraten,
wenn sie in der Welt Armut und Elend erduldete.
So würde man im Vertrauen auf Gott eifriger,
in seinem Beruf fleißiger,
im Leben demütiger
und vorsichtiger und Ewigem1 treuer sein.
Wahrer Reichtum – Brief 10
Gott lasse uns die Schätze der zukünftigen Welt erlangen.
Leidenszeit– Brief 114
Es leidet auch der Gerechte mit dem Ungerechten,
jedoch (so), dass denen, die Gott lieben alle Dinge zum Besten dienen.
Selbsterkenntnis – Brief 21
Zu wünschen wäre, dass sich ein jeder selbst richtet,
so brauchte er nicht von Gott gerichtet werden.
Gottes Schutz – Brief 105
Der allmächtige Schutzherr lebt noch,
der kann seine treuen Diener
vor allen Pestpfeilen schützen und bedecken.
Gottes Fürsorge – Brief 45
Es ist ja Gottes Hand nicht verkürzt,
uns auch in diesen klammen Zeitläufen zu erhalten.
Die arme Gerechtigkeit – Brief 116
Ich habe vor den heutigen gottlosen Rechtshändeln einen solchen Abscheu, dass ich keinem Menschen raten kann, bei solchen Sachen – da Geld und Gewalt den Ausschlag gibt- sich in einen schweren und teuren Prozess einzulassen.
Gewissheit – Brief 116
Was wir nicht können,
kann, wird und will der gerechte Gott tun.
Erbauung
Ich habe in der Bibel und dann auch in diesem Obererzgebirgischen Berg-,Tal- und Forstbuch meine Ergötzlichkeit gesucht. (Historischer Schauplatz S.4)
Zuspruch – Predigt 1674
Beständig bleibt im Glauben!
Wir werden in kurzer Zeit,
einander wieder schauen,
dort in der Ewigkeit!
Anfechtung – Predigt 1674
Wer zum Himmel ist erkorn,
den stechen Disteln und Dorn.
– Predigt 1674
Ihr Gott ergebenen, christeifrigen,
gewissenhaften Kreuz-Träger und Liebhaber Jesu!
Lasset auch das Kämpfen,
das Laufen und Glauben halten nicht reuen,
und unter dem mühseligen Handel
dieweil nicht lang werden:
Es folgt zum Lohn die Ehrenkron!
Der Geber aller Gaben
Der armen (Berg-)Leut rechter Sanct Nikolaus ist Jesus Christus, der ihnen alles bescheret, was sie bedürfen, der ist reich über alle. – Sittenchronik 271/ 98
Klage– Sittenchronik 1b/ 72
Ach Geld ist das Pflaster,
das heilet alle Schand und Laster.
Das schwere Richteramt- Brief 68
Denn die Welt (ist) nunmehro so böse, die Untertanen so widerspenstig, die Rabulistica (=die Wildheit ) so gemein, die Panurgia (= dauernde Bedrängung) in Ämtern so groß, die Hof-Teufel so mächtig, der Eigennutz so vielfältig, dass ein Richter täglich den Harnisch Gottes anlegen muss, bei seinem Amte Glauben und gut Gewissen zu erhalten.
Dankbarkeit
– Ich muss die Wunder-Güte Gottes, die er gebrechlichen Menschen erzeiget, nicht vergessen (H.S. 753)
Gegen die Zweifler
Wer mir nicht glauben will, der steige so lange über dies Gebirge als ich, und trage mich lieber auf dem Rücken, als im Maule. (H.S. Vorrede b3)
–Der Forscher–
Ich wollte wünschen, die Gabe und das Geschick zu haben, viel Wunder der Natur zu eröffnen. (H.S. 818)
– Naturwunder
Manche Geheimnisse der Natur sind bis dato noch so verborgen, dass man dero gewisse Ursache so genau und gewiss nicht erkennen kann. (H.S. 831)
Gottes Macht – Brief 126
Was Gott will erquicken, kann niemand unterdrücken.
Der HERR hat seine Geleits – und Schutzengel überall.
So schützet Gott noch heut zu Tag
für Übel und Fär und mancher Plag
uns durch die lieben Engelein,
die uns zu Wächtern geben sein.
Vertrauen – Brief 45
Ehe der allmächtige Wächter Israel einen armen frommen Menschen verlassen sollte,
eher müssten 1000 Raben kommen und Brot zutragen.
Gegen die Angst
Was wir nicht können, kann, will und wird der allmächtige Gott tun.